Dieses natürliche
Ereigniss, Sprache und Namen des Volkes, unter welchem man lebt, sich
anzueignen, hat den Juden Niemand verpönt, und hätte die herrschende Nation es
auch als ein Recht angesehen, - immer war es ein natürliches, das sie keinem
versagte, sich wenig kümmernd, ob der jüdische Bürger Daniel hiess oder Peter.
Denn die Sprache ist, wie Sonne und Luft ein Gemeingut, den Unterscheidungen
von Kasten und Sekten unzugänglich. Die Juden aber, seit undenklicher Zeit in
den verschiedenen Ländern ansässig, sprachen längst nicht mehr hebräisch,
sondern aramäisch, persisch, arabisch, griechisch, latein; sie hatten Namen von
Götzen (...), Heiden und Heidinnen. (...) Stets entstand da, wo
die Flüchtlinge sich wieder ansiedelten, als sie zu Gemeinden wurden, ein Namen-Mischmasch.
Man hörte englische und französische Namen unter den deutschen, schweizerische
unter den polnischen Juden; italienische wurden germanisiert, und germanische
Namen kamen, slavisch aufgestutzt, zu den Gemeinden nach Deutschland zurück.
Leopold Zunz: Namen der Juden. Eine geschichtliche Untersuchung, Leipzig 1837, S.31 und 80, zitiert nach Andreas Kilcher: Verwandlung der Namen. Namenspolitik in der jüdischen Moderne zwischen Liberalismus und Nationalismus, in: Namen. Benennung - Verehrung - Wirkung, hrsg. von Tatjana Petzer et alii, Kadmos Berlin 2009, S.172