Jom haScho’a ist ein israelischer Nationalfeiertag und
Gedenktag für die Opfer der Shoa einerseits und den jüdischen Widerstand
und das Heldentum der jüdischen Untergrundkämpfer andererseits. An dem
Tag um 10 Uhr heulen in Israel für zwei Minuten die Sirenen. Der
öffentliche Nahverkehr und normalerweise auch alle anderen Fahrzeuge
halten dann an, die meisten Passanten bleiben schweigend stehen. Israel
hält inne.
Diese Form des Gedenkens möchte Yael Bartana jetzt parodieren. Sie
ruft alle Kölnerinnen und Kölner dazu auf, am 28. Juni 2013 um 11 Uhr
ihren Alltag für zwei Minuten symbolisch zu unterbrechen. Sie sollen
innehalten und denken! Woran Sie denken sollen, gibt Yael Bartana
auf der Homepage des Festivals bekannt:
“Drittes Reich und Holocaust sind nicht nur historische
Ereignisse – sie haben weitreichende Wirkungen in unsere Gegenwart
hinein: die Gründung des Staates Israel, die Besetzung der
palästinensischen Gebiete, Flucht, Vertreibung in Europa und im Nahen
Osten. Selbst die finanziellen Ungleichheiten in der EU sind vielfach
noch immer Folgen des Zweiten Weltkriegs, so wie es Deutschlands
Wohlstand ist.”
(zitiert aus: Gerd Buurmanns Blog Tapfer im Nirgendwo "Köln parodiert den Holocaustgedenktag", http://tapferimnirgendwo.com/2013/05/06/koln-parodiert-den-holocaustgedenktag/, Dank für den Hinweis an Werner Fleischer)
Donnerstag, 13. Juni 2013
Nadav Lapid POLICEMEN – Revolver Heft 28
Ich bin kein Politiker oder Soziologe, aber ich kann mich um eine kurze politische Analyse bemühen. Ich denke, wir leben in einer posttraumatischen Gesellschaft. Wir hatten damals das Oslo-Abkommen. Als das aber schief ging und die Terror-Attacken in den Straßen von Tel Aviv und Jerusalem weitergingen, war das für alle Israelis der Beweis, dass sie alles gegeben haben und die anderen immer noch nicht bereit sind unsere Existenz zu akzeptieren. Ich studierte zu der Zeit Filmregie in Jerusalem. Es war verrückt, dort zu leben, weil zweimal die Woche ein Bus explodierte. Das war wirklich traumatisch. Und dieses Trauma hat seinen eigenen schrägen Mythos erzeugt. Es gab seit mindestens sieben Jahren keine Selbstmordattentate mehr in Israel, aber wenn Sie mit einem Israeli darüber reden, denkt er, das letzte ist erst gestern passiert. Und sieben Jahre sind in der Geschichte Israels eine lange Zeit. Das Land ist ja erst 60 Jahre alt.
Den Teil über die Polizisten zu schreiben fiel mir sehr leicht: Ich habe gemerkt, auf welch intime Weise ich den israelischen Mann verstehe. Ich könnte genau sagen, was er vierundzwanzig Stunden am Tag macht und wie er in bestimmten Situation oder Momenten reagiert. Er fühlt sich nie schuldig und dafür muss er sich nicht einmal selbst belügen, weil er sich nämlich zu einhundert Prozent ok fühlt. Ich denke auch, dass dieses Prinzip die Menschen in Israel beschreibt. Sie fühlen sich zu hundert Prozent ok. Sie sind glücklich. Es gibt auch eine Menge idiotischer Meinungsumfragen, bei denen Leute beschreiben sollen, wie glücklich sie sind. Von allen Ländern der Welt belegt Israel dabei immer den ersten oder zweiten Platz, weil die Leute dort so glücklich sind. Das war gewissermaßen mein Zugang, um die Polizei-Charaktere aufzubauen. Es gibt da zum Beispiel einen Polizisten im Film, der immer, wenn er nicht weiß, was er tun soll, einfach ein paar Liegestütze macht oder eine andere Form körperlicher Betätigung. Wenn er sich alleine fühlt, flüchtet er sich in diese körperliche Aktivität. Sein größter Feind sind seine eigenen Überlegungen und Gedanken, die beunruhigen ihn am meisten. Diese Polizisten sind keineswegs Idioten, nur weil sie bestimmte einfache Regeln einhalten. Ich erinnere mich noch genau daran, als ich beim Militärdienst war: Da war es nur wichtig darüber nachzudenken, ob du genug schläfst, genug isst und darauf zu hoffen, dass etwas wirklich Cooles passiert. Die Erfüllung der menschlichen Grundbedürfnisse bekommt auf einmal eine andere Dimension. Nicht die ganze Gesellschaft, aber ein sehr großer Teil davon, folgt mehr oder weniger diesem Prinzip.
(Nadav Lapid im Gespräch mit Nicolas Wackerbarth über seinen Film POLICEMEN, Vorveröffentlichung des Gesprächs aus Revolver - Zeitschrift für Film, Heft 28, das am 17. Juni erscheint. Mit freundlicher Genehmigung der Gesprächsteilnehmer und der Redaktion)
Den Teil über die Polizisten zu schreiben fiel mir sehr leicht: Ich habe gemerkt, auf welch intime Weise ich den israelischen Mann verstehe. Ich könnte genau sagen, was er vierundzwanzig Stunden am Tag macht und wie er in bestimmten Situation oder Momenten reagiert. Er fühlt sich nie schuldig und dafür muss er sich nicht einmal selbst belügen, weil er sich nämlich zu einhundert Prozent ok fühlt. Ich denke auch, dass dieses Prinzip die Menschen in Israel beschreibt. Sie fühlen sich zu hundert Prozent ok. Sie sind glücklich. Es gibt auch eine Menge idiotischer Meinungsumfragen, bei denen Leute beschreiben sollen, wie glücklich sie sind. Von allen Ländern der Welt belegt Israel dabei immer den ersten oder zweiten Platz, weil die Leute dort so glücklich sind. Das war gewissermaßen mein Zugang, um die Polizei-Charaktere aufzubauen. Es gibt da zum Beispiel einen Polizisten im Film, der immer, wenn er nicht weiß, was er tun soll, einfach ein paar Liegestütze macht oder eine andere Form körperlicher Betätigung. Wenn er sich alleine fühlt, flüchtet er sich in diese körperliche Aktivität. Sein größter Feind sind seine eigenen Überlegungen und Gedanken, die beunruhigen ihn am meisten. Diese Polizisten sind keineswegs Idioten, nur weil sie bestimmte einfache Regeln einhalten. Ich erinnere mich noch genau daran, als ich beim Militärdienst war: Da war es nur wichtig darüber nachzudenken, ob du genug schläfst, genug isst und darauf zu hoffen, dass etwas wirklich Cooles passiert. Die Erfüllung der menschlichen Grundbedürfnisse bekommt auf einmal eine andere Dimension. Nicht die ganze Gesellschaft, aber ein sehr großer Teil davon, folgt mehr oder weniger diesem Prinzip.
(Nadav Lapid im Gespräch mit Nicolas Wackerbarth über seinen Film POLICEMEN, Vorveröffentlichung des Gesprächs aus Revolver - Zeitschrift für Film, Heft 28, das am 17. Juni erscheint. Mit freundlicher Genehmigung der Gesprächsteilnehmer und der Redaktion)
Boaz Kaizman in Mainz
Am 18. Juni ist Boaz Kaizman eingeladen, an der Kunsthochschule Mainz seine Internet-Kunstprojekte vorzustellen. "To share copies" ist der Titel des Abends, an dem es um Kunst im Internet, die Besonderheiten der digitalen Kopie eines Kunstwerks und Perspektiven der Kunst im Allgemeinen gehen wird.
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