Donnerstag, 15. März 2012

Mirko Mayer: Aktualität ist Vergangenheit

Sich als jüdischer Künstler mit der Geschichte des eigenen Volkes auseinanderzusetzen und zu thematisieren wird wohl immer eine Gradwanderung bleiben. Die systematische Vernichtung der Juden in Konzentrationslagern künstlerisch zu thematisieren ist legitim. Jedoch gibt es wohl kaum eine schwierigere Aufgabe für einen Künstler, noch dazu wenn er selbst Jude ist.


Boaz Kaizman hat es bisher vermieden sich direkt mit seiner künstlerischen Arbeit zu diesem Thema zu äußern. Es ist wichtig für Ihn mit einer offenen, aber reflektierten Sicht auf unsere aktuelle Geschichte einzugehen. Im Laufe der Jahre hat Kaizman einen eigenen Weg der künstlerischen Kommunikation gefunden. Die Kombination von Text und Bild spielt hier eine wichtige Rolle. Das Wort alleine ist mächtig und kann richtig eingesetzt Berge versetzen. Durch die Kombination aus Wort und Bild entsteht ein Kosmos der unbegrenzten Möglichkeiten. 71Gedichte ist für mich aus aktuellem Anlass die konsequente Weiterentwicklung von Kaizmans bisherigen Arbeiten.


Für seine Ausstellung bei mir in der Galerie und im Internet ist ein Zusammenspiel haptisch greifbarer Werke und digitaler Information in der Cloud entstanden. Beide Medien kommunizieren miteinander und gehören während dieser Ausstellung untrennbar zusammen.


Nach anfänglicher Skepsis gegenüber diesem Projekt habe ich langsam verstanden, dass 71Gedichte nicht nur die Präsentation neuer Arbeiten sein wird, sondern ein komplett auf sich selbst aufbauendes Kommunikationssystem entwickelt. Ich hatte die Gunst des Galeristen schon früh die Videoarbeiten sehen zu können, bevor klar war, was wirklich kommuniziert werden wird. Dieser Entstehungsprozess der website 71Gedichte.boazkaizman.de war äußerst Spannend und hat mir wieder einmal mehr die Arbeitsweise von Boaz Kaizman näher gebracht und meine Aufnahmefähigkeit für seine Werk geschärft.


Mirko Mayer

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