Sich als jüdischer Künstler mit der Geschichte des eigenen
Volkes auseinanderzusetzen und zu thematisieren wird wohl immer eine
Gradwanderung bleiben. Die systematische Vernichtung der Juden in
Konzentrationslagern künstlerisch zu thematisieren ist legitim. Jedoch gibt es
wohl kaum eine schwierigere Aufgabe für einen Künstler, noch dazu wenn er
selbst Jude ist.
Boaz Kaizman hat es bisher vermieden sich direkt mit seiner
künstlerischen Arbeit zu diesem Thema zu äußern. Es ist wichtig für Ihn mit
einer offenen, aber reflektierten Sicht auf unsere aktuelle Geschichte einzugehen.
Im Laufe der Jahre hat Kaizman einen eigenen Weg der künstlerischen
Kommunikation gefunden. Die Kombination von Text und Bild spielt hier eine
wichtige Rolle. Das Wort alleine ist mächtig und kann richtig eingesetzt Berge
versetzen. Durch die Kombination aus Wort und Bild entsteht ein Kosmos der
unbegrenzten Möglichkeiten. 71Gedichte ist für mich aus aktuellem Anlass die
konsequente Weiterentwicklung von Kaizmans bisherigen Arbeiten.
Für seine Ausstellung bei mir in der Galerie und im Internet
ist ein Zusammenspiel haptisch greifbarer Werke und digitaler Information in
der Cloud entstanden. Beide Medien kommunizieren miteinander und gehören
während dieser Ausstellung untrennbar zusammen.
Nach anfänglicher Skepsis gegenüber diesem Projekt habe ich
langsam verstanden, dass 71Gedichte nicht nur die Präsentation neuer Arbeiten
sein wird, sondern ein komplett auf sich selbst aufbauendes Kommunikationssystem
entwickelt. Ich hatte die Gunst des Galeristen schon früh die Videoarbeiten
sehen zu können, bevor klar war, was wirklich kommuniziert werden wird. Dieser
Entstehungsprozess der website 71Gedichte.boazkaizman.de war äußerst Spannend
und hat mir wieder einmal mehr die Arbeitsweise von Boaz Kaizman näher gebracht
und meine Aufnahmefähigkeit für seine Werk geschärft.
Mirko Mayer
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